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Die Geschichte des schulischen Russischunterrichts in Österreich zwischen 1946 und 2016 (Habilitation)


Erläuterung des Themas 

Die Bedeutung und Aktualität des Themas hebt das Zitat aus Maksim Gor’kij treffend hervor: „Не зная прошлого, невозможно понять подлинный смысл настоящего и цели будущего“ (Gor’kij 1931). Die Studie setzt sich mit der Geschichte des Unterrichtsfaches Russisch im österreichischen Schulwesen auseinander. Trotz der relativ langen Bestehensdauer von mehr als 70 Jahren gehört das Fach nicht zu den gängigen Schulfremdsprachen in Österreich, was die Schüler*innenzahlen (vgl. Statistik Austria) deutlich belegen. Russisch ist derzeit nicht ein Teil der standardisierten Reifeprüfung. Die wissenschaftliche Begleitung bzw. Erforschung des Faches weist eine einzige Professur für Fachdidaktik Russisch an der Universität Innsbruck im ganzen Land auf. Diese Arbeit soll zur Selbstreflexion des Faches beitragen und ein Verständnis für die heutige Situation auf der Grundlage der historischen Entwicklung schaffen. 

Fragestellungen 

Das Projekt beschreibt und analysiert die Entwicklung des Unterrichtsfaches im diachronen Verlauf. Die Hauptforschungsfrage lautet: Wie gestaltete sich der Russischunterricht in österreichischen Schulen zwischen 1946 und 2016? Diese Frage konkretisiert sich durch mehrere Fragen im Hinblick auf die zu analysierenden Quellen: Lehrpläne und Lehrbücher für Russisch sowie Erinnerungen von Unterrichtsgestalter*innen an ihren Russischunterricht. Welche normativen Rahmenvorgaben formten den Russischunterricht in dieser Zeitspanne? Mit welchen Zielen, an welchen Inhalten und auf welche Weise wurde Russisch in Lehrbüchern vermittelt? Welche Erinnerungen haben die Unterrichtsgestalter*innen an ihren erlebten Russischunterricht?

Als theoretisch-wissenschaftliche Grundlage für die Beschreibung und Analyse des Russischunterrichts in Österreich soll das didaktische Berliner Modell nach Paul Heimann (vgl. Heimann/Otto/Schulz 1965) dienen. Dieses inhaltlich neutrale Modell (vgl. Viebrock 2017, 364) operiert mit den formalen unterrichtlichen Konstanten und bietet sechs grundlegende Gesichtspunkte zur bzw. Planung bzw. Analyse des Unterrichts.

Forschungsmethode 

Die diachrone Ausrichtung dieser historischen Analyse erlaubt keine empirische Untersuchung des realen, tatsächlich abgehaltenen Unterrichts und schließt somit einige Fragen aus bzw. bedingt eine Gliederung der Studie in zwei Bereiche: eine normative Ebene und eine narrative Ebene. Das Berliner Modell erlaubt dank seiner klaren Strukturierung eine rückblickende Analyse des Unterrichts auf der normativen Ebene, indem er anhand der überlieferten Spuren rekonstruiert wird. 

Dabei stellen die einstigen Lehrbücher als Leitmedium des Unterrichts und die vormaligen Lehrpläne als normativer und organisierender Faktor Zugänge zu dem Unterricht von damals her. In dieser Studie werden also jene Lehrpläne und Lehrbücher, die den Russischunterricht in Österreich zwischen 1946 und 2016 prägten, als Analysequellen herangezogen. Die Untersuchung dieser schriftlichen Quellen geht dabei vor allem auf die Strukturfelder des Unterrichts wie Ziele, Inhalte und Methoden ein. 

Eine Erfassung der narrativen Ebene des historischen Unterrichts lässt dennoch einen Zugang zu den empirisch ausgelegten Bereichen des Berliner Modells zu. Im Rahmen der Interviews mit Unterrichtsgestalter*innen werden Fragen zu den Entscheidungen von Lehrpersonen sowie zu den Unterrichtsbedingungen eruiert. Das Zusammenschließen der normativen und der narrativen Ebenen bietet eine Möglichkeit, den Russischunterricht in der Zeitspanne von 70 Jahren nach dem Berliner Modell zu reflektieren.

Die oben dargelegten Überlegungen dienen als Begründung für die Einteilung der Studie in drei Teilprojekte, die sich mit den strukturanalytischen Faktoren wie Ziele, Inhalte und Methoden sowie mit den faktorenanalytischen Fragestellungen befassen: eine Lehrplananalyse, eine Lehrbuchanalyse und eine Interview-Studie.

Ziel

Anlehnend an das allgemein verfasste Zitat von Maksim Gor’kij konkretisiert die Aussage deutscher Fachdidaktikerinnen Anke Bergmann und Christine Heyer das Ziel dieser Studie: „Eine Vorstellung davon zu haben, welche Faktoren die Situation und die Perspektiven des eigenen Faches beeinflussen, ist wichtig für das Verständnis verbreiteter Vorstellungen über Ziele und Inhalte sowie den Nutzen des Faches“ (Bergmann/Heyer 2014, 13). Das Ziel der Studie ist, die Entwicklung des Russischunterrichts in Österreich anhand der Veränderung bzw. der Kontinuität seiner Zielsetzungen, Inhalte und Methoden aufzuzeichnen.
 

Verfasserin 

Dr. Julia Hargaßner
Fachbereich Slawistik
Universität Salzburg
Erzabt-Klotz-Straße 1
5020 Salzburg

+43(0)662 8044-4520
julia.hargassner(@)plus.ac.at
 

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